Stellungnahme der Fachgruppe Klimawandel und Umwelt der Kommission für Globale Kindergesundheit, Klimawandel und Umwelt im Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V. (Bündnis KJG)
Stand: Oktober 2024
Im Namen des Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit: Dr. med. Christof Wettach
Die Klimakrise ist die größte Gesundheitsgefahr für uns Menschen. Insbesondere Kinder und Jugendliche werden am meisten unter den Folgen der Klimakrise zu leiden haben. Damit Kinder gesund bleiben können, müssen die Erderwärmung und das Artensterben so rasch wie möglich gestoppt werden. Für die Gesunderhaltung der Kinder und Jugendlichen ist es erforderlich, eine Lebensumwelt zu schaffen, die eine klimaschonende und gesundheitsfördernde Lebensweise ermöglicht.
In der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) hat sich der Deutsche Bundestag zum Recht des Kindes auf das „erreichbare Höchstmaß an Gesundheit“ (Artikel 24 UN-KRK) verpflichtet. Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, ist das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen (Artikel 3 UN-KRK). Daher müssen zusätzlich zu sofortigen Klimaschutzmaßnahmen in allen Sektoren auch effektive Maßnahmen zur Anpassung an die Klimaveränderungen erfolgen. Insofern begrüßen wir, das Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e.V., die „Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel 2024 (DAS 2024)“ und den zugehörigen „Anhang 1 – ausführliche Clusterpapiere“.
Auf diese beiden Papiere beziehen sich unsere Anmerkungen. Die Anmerkungen zum DAS 2024 sind zu Beginn mit den Zeilenzahlen im Text versehen und beziehen sich auf das Cluster „Menschliche Gesundheit und Pflege“, Anmerkungen zum Anhang 1 erfolgen separat.
Zeile 2302 – Welche „andere relevante Akteure“ sind konkret gemeint?
Zeile 2287 – Die Feststellung, es bestünden Forschungslücken bei den Auswirkung des Klimawandels auf die Psychische Gesundheit, die eine Priorisierung nicht möglich machen, ist nicht korrekt. Selbstverständlich sind weitere Forschungsarbeiten nötig, aber im „RKI-Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit 2023, Teil 2 – Auswirkungen des Klimawandels auf nicht-übertragbare Erkrankungen und die psychische Gesundheit“ sind alle bis 2022 verfügbaren aussagekräftigen Studien erwähnt. Im Bereich psychische Gesundheit besteht ein ganz konkreter Bedarf an raschen Maßnahmen. Im Anhang 1 – Ausführliche Clusterpapiere – Messbare Ziele der Klimaanpassung im Cluster „Menschliche Gesundheit und Pflege“ schreiben Sie unter 3. Bedarfe für zukünftige Weiterentwicklungen: „Es gibt jedoch ergänzende Aspekte und zusätzliche Bereiche, die hier nicht priorisiert werden konnten und die zukünftig in Betracht gezogen werden können, wie z. B. die psychische Gesundheit“. Hier muss es selbstverständlich heißen „die ab sofort in Betracht gezogen werden müssen“. Diese Dringlichkeit erscheint uns auch im DAS 2024 erwähnenswert.
Zeile 2061 – Weshalb wird in G2 UV-Anpassung 2035 als Ziel angegeben – Die Synergien zwischen Ziel der UV-Anpassung und der Hitzeanpassung machen eine zeitgleiche strategische Betrachtung notwendig. Aktuell gibt es 300.000 Fälle von Hautkrebs pro Jahr. Eine Verzögerung um 5 Jahre bringt also 1,5 Millionen zusätzliche Erkrankungen.
Zeile 2282 – Gesundheit in allen Politikfeldern zu verankern, ist ja eine von der WHO verfolgte Strategie, die unter dem Begriff Health in All Policies (HiAP) eingeführt wurde und ressort- sowie politikfeldübergreifende Zusammenarbeit im Sinne einer Gesundheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verfolgt. Welche konkreten Ideen sind hier speziell unter dem Gesichtspunkt der gesundheitsbezogenen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen gemeint? Hintergrund: In einer vom Klima stärker belastenden Umwelt bleiben die Aufgaben der Teilhabe (Familie, Schule, Ausbildung, …) , werden aber durch die Wechselwirkungen mit somatischer und psychischer Gesundheit mit den Klimafolgen erschwert werden. Beispiel: ADHS, Bewegungsdrang und Hitze mit der Aufgabe am Nachmittagsunterricht teilzunehmen. Wie sehen hier vorbereitende Maßnahmen aus, damit wird die ohnehin schon hochbelastenden Patienten(-familien) nicht weiter verlieren?
Unter dem Cluster „Menschliche Gesundheit und Pflege“ wird von Gesundheits-, Pflege- oder Bildungseinrichtungen gesprochen. Weshalb sind Betreuungseinrichtungen (insb. Kinderbetreuung, die nicht zu den Bildungs-einrichtungen zählen – Hort, ggf. Kindergarten), oder nicht unter Pflege fallende Betreuungseinrichtungen nicht genannt? Weshalb steht hier auch nichts von Arbeitgebenden?
Klimaschutz ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg aus dem April 2024 ein Menschenrecht. Somit ist Klimaschutz auch ein Kinderrecht, die Klimaanpassung als ein Teil der Schutzmaßnahmen selbstverständlich auch. In Anbetracht der Notwendigkeit rascher Veränderungen zum Schutze der Kindergesundheit kommender Generationen kommt uns die Beschränkung auf die vier Handlungs-felder 1. Hitzebelastung, 2. UV-bedingte Gesundheitsschäden, 3. allergische Reaktionen auf Pollen und 4. Vektorübertragene Erkrankungen nicht ausreichend vor. Es kann nur ein kleiner Schritt sein, dem aus Sicht der Kindergesundheit ganz rasch große Schritte folgen müssen.
Die beiden Bereiche der psychischen Gesundheit im Rahmen der Klimakrise und der sozialen Gerechtigkeit vulnerabler Gruppen insbesondere auch im Gesundheitssektor sind uns hierbei ein ganz wichtiges Anliegen. Klima-anpassung, aber insbesondere Klimaschutz ist von herausragender Bedeutung für eine lebenswerte und gesundheitsförderliche Zukunft der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen.
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