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Impfprophylaxe invasiver Erkrankungen mit Meningokokken der Serogruppe B – Stellungnahme der Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen

Aktualisierung vom 24. Januar 2019.

Meningokokken sind gramnegative Bakterien der Art Neisseria meningitidis. Es sind zwölf Serogruppen unterscheidbar, wobei in der Bundesrepublik Deutschland etwa zwei Drittel der Fälle an invasiven Infektionen durch die Serogruppe B (MenB) und ca. 15 % aller Fälle durch die Serogruppe C verursacht werden. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Screeninguntersuchungen zeigen, dass bei ca. 10 % gesunder Personen eine Besiedlung der Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum mit Meningokokken nachweisbar ist. Bei Jugendlichen werden Kolonisationsraten bis 25 % gefunden. Nur in Ausnahmefällen führt eine Besiedlung zu einer invasiven Erkrankung. Durch die Besiedlung werden bakterizide Antikörper induziert, die sowohl vor erneuter Besiedlung mit dem gleichen molekulargenetischen Feintyp als auch vor invasiver Erkrankung schützen können. Invasive Erkrankungen werden durch unspezifische Schädigungen der Schleimhäute begünstigt. Besonders gefährdet sind Personen mit Immundefekten, insbesondere bei Komplementdefekten, oder Asplenie.

Klinisch äußert sich die invasive Meningokokken-Infektion in Form einer Meningitis und/oder einer Sepsis. Das Spektrum schließt sowohl asymptomatische Bakteriämien als auch foudroyante septische Verläufe ein, die innerhalb weniger Stunden zum Tod führen können (Purpura fulminans, Waterhouse-Friderichsen-Syndrom).

Epidemiologie in Deutschland

In den Jahren 2012 bis 2017 (http://www.meningococcus.uni-wuerzburg.de) wurden jährlich 281 bis 358 Fälle invasiver Meningokokkenerkrankungen an das Robert Koch-Institut gemeldet, davon waren die meisten (ca. 70 %) durch Serogruppe B ausgelöst (Tabelle 1) [2]. In ca. 90 % der Fälle wurde ein direkter Erregernachweis durch kulturelle Erregerisolierung oder molekularbiologische Methoden (PCR) geführt, in den übrigen lag lediglich ein Antigennachweis oder ein Mikroskopiebefund vor. Etwa zwei Drittel der Erkrankungsfälle traten im Winterhalbjahr auf [2].

Die Gesamtinzidenz der invasiven Meningokokkeninfektionen hat sich mit 0,34 pro 100.000 Einwohner im Jahr 2017 im Vergleich zum Jahr 2012 mit 0,44 pro 100.000 leicht reduziert, womit sich weiterhin der abfallende Trend seit dem Jahr 2004 fortsetzt. 30 % der gemeldeten Fälle betreffen Kinder unter fünf Jahren. Mit einer mittleren jährlichen Inzidenz von 6,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner tritt die invasive Meningokokken-Infektion am häufigsten bei Kindern unter einem Jahr auf. Danach nimmt die Inzidenz deutlich ab und beträgt 0,3 pro 100.000 bei fünf- bis 14-jährigen Kindern. Im Alter von 15 bis 19 Jahren wird ein zweiter Erkrankungsgipfel mit einer Inzidenz von 0,9 pro 100.000 beobachtet. Danach sinkt sie weiter ab und beträgt bei älteren Erwachsenen noch 0,2 pro 100.000 [2].

Tabelle 1: Meningokokkenerkrankungen der Serogruppe B nach Altersgruppen (https://survstat.rki.de, Abfrage am 3.12.2018, 19.00 Uhr [2])

Altersgruppe

2012

2013

2014

2015

2016

2017

< 1 Jahr

33

27

32

33

32

24

1-4 Jahre

39

44

35

42

32

24

5-14 Jahre

19

25

16

10

12

9

15-19 Jahre

25

29

21

25

28

14

>20 Jahre

83

83

71

68

56

67

gesamt

199

208

175

178

160

138

Die invasive Erkrankung verlief in 46 % der 2012 bis 2015 gemeldeten bzw. auswertbaren Fälle ausschließlich als Meningitis, in 40 % als Sepsis und in 14 % wurde eine Sepsis mit Meningitis beobachtet. Etwa ein Viertel der Sepsisfälle zeigte das fulminante Krankheitsbild einer Purpura fulminans bzw. des Waterhouse-Friderichsen-Syndroms [2].

In den Jahren 2012 bis 2015 verstarben 9,6 % der Patienten an den Folgen einer invasiven Meningokokken-Erkrankung. Lag lediglich eine Meningitis vor, betrug die Letalität 2,1 %. Bei Verläufen mit Waterhouse-Friderichsen-Syndrom wurde die höchste Letalität mit 38 % beobachtet. Altersabhängig liegt die Letalität bei Kindern unter 5 Jahren bei 9,5 %, sinkt im Alter zwischen 5 bis 14 Jahren auf 3,1 % und steigt bei Personen über 50 Jahre auf 12,3 %. Bei einer Infektion mit Serogruppe C lag die Letalität in allen Altersgruppen mit 13,9 % höher als bei Erkrankungen durch Serogruppe B. Die Inzidenz der invasiven MenB-Erkrankungen fiel von 0,63/100.000 Einwohner im Jahr 2003 über 0,29 im Jahr 2012 auf 0,26 in 2015 kontinuierlich ab. Der Rückgang der Serogruppe B-Inzidenz war am deutlichsten bei Kindern und Jugendlichen, während bei den über 50- Jährigen kein Rückgang beobachtet wurde. Analysiert man die Altersverteilung der Erkrankung im ersten Lebensjahr, so zeigt sich, dass die Krankheitslast bereits im Alter von zwei Monaten stark ansteigt und mit vier bis fünf Monaten einen Höhepunkt erreicht. Ab zehn Monaten nimmt die Krankheitshäufigkeit ab und ist im zweiten Lebensjahr dann schon relativ gleichmäßig verteilt [2].

Keiner der 361 erfassten Serogruppe B Erkrankungsfälle mit bekanntem Impfstatus war gegen Men B geimpft. Die Sächsische Impfkommission (SIKO) empfiehlt seit 2014 die Men B Impfung generell, jedoch liegen allgemeine Daten zur Inanspruchnahme aus dem Wirkungsbereich der SIKO nicht vor [2].

Impfstoffe

Anfang 2013 wurde der Impfstoff Bexsero® (4CMenB) für die aktive Immunisierung von Personen im Alter ab zwei Monaten gegen invasive Meningokokken-Erkrankungen durch Neisseria meningitidis der Gruppe B zugelassen und ist seit Dezember 2013 in Deutschland verfügbar. Der Impfstoff enthält drei rekombinant hergestellte Proteine von Neisseria meningitidis der Gruppe B, nämlich das NHBA-Fusionsprotein (Neisseria-Heparin bindendes Antigen), das NadA-Protein (Neisseria Adhäsin A) und das fHbp-Fusionsprotein (Faktor H- bindendes Protein) sowie Vesikel der äußeren Membran (outer membrane vesicle, OMV) vom Stamm NZ98/254. Alle Antigene sind an Aluminiumhydroxid adsorbiert. Die Zusammensetzung dieses Impfstoffes erfasst nicht alle zirkulierenden Stämme der Serogruppe B. Das Vereinigte Königreich (UK) war das erste Land, das im September 2015 die 4CMenB Impfung als Standardimpfung in den ersten beiden Lebensjahren eingeführt hat. Rasch wurde eine hohe Impfrate erreicht. Mittlerweile wurden > 3 Millionen Impfdosen im UK verimpft, ohne dass im Zuge dessen relevante Impfkomplikationen aufgetreten sind [5].

Ein weiterer MenB-Impfstoff, Trumenba® wurde zur aktiven Immunisierung für Personen ab dem vollendeten 10. Lebensjahr gegen invasive Meningokokken-Erkrankungen durch Neisseria meningitidis der Gruppe B Ende Mai 2017 zugelassen und ist seitdem in Deutschland verfügbar. Er enthält 2 rekombinant hergestellte Lipoproteine (Bivalent rLP2086): Faktor H-bindende Proteine (fHbp) der N. meningitidis Unterfamilie A und B, an Aluminiumphosphat adsorbiert.

Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die empfohlene Dosierung von Bexsero® (4CMenB) und Trumenba® (MenB-fHbp) in Abhängigkeit vom Lebensalter.

Tabelle 2: Übersicht über die Dosierung und zugelassene Impfschemata von Bexsero® (4CMenB), Stand Fachinformation Juni 2018 und Trumenba® (MenB-fHbp), Stand Fachinformation September 2018 

Altersgruppe

Grund-immunisierung

Mindestabstand

Auffrischimpfung

 

Bexsero®

Trumenba®

Bexsero®

Trumenba®

Bexsero®

Trumenba®

Säuglinge

2 bis 5 Monate

Drei Dosen zu je 0,5 ml, die erste Dosis verabreicht im Alter von 2 Monatena

Keine ZulassungD

mindestens 1 Monat

Keine AngabeD

Ja, 1 Dosis im Alter von 12 bis 15 Monaten mit einem Mindestabstand von 6 Monatenzwischen der abgeschlossenenGrundimmuni-sierung und der Auffrisch- impfung b, e

Keine AngabeD

Säuglinge 3 bis 5 Monate

Zwei Dosen zu je 0,5 mla

Keine Zulassung

mindestens 2 Monate

Keine Angabe

Keine Angabe

Säuglinge

6 bis 11 Monate

Zwei Dosen zu je 0,5 ml

Keine ZulassungD

mindestens 2 Monate

Keine AngabeD

Ja, eine Dosis im zweiten Lebensjahr mit Mindestabstand von 2 Monaten zwischen Grundimmuni-sierung und Auffrisch-impfungb

Keine AngabeD

Kinder

12 bis 23 Monate

Zwei Dosen zu je 0,5 ml

Keine ZulassungD

mindestens 2 Monate

Keine AngabeD

Ja, eine Dosis mit Abstand von 12 bis 23 Monaten zwischen Grundimmuni-sierung und Auffrisch-impfungb

Keine AngabeD

Kinder

2 bis 10 Jahre

Zwei Dosen zu je 0,5 ml

Keine Zulassung

mindestens 2 Monate

Keine AngabeD

Notwendigkeit ist derzeit nicht bekannt

Keine AngabeD

Jugendliche (ab 11 Jahren) und Erwachsenec

Zwei Dosen zu je 0,5 ml

1. Zwei Dosen zu je 0,5 ml oder

 

2. Drei Dosen zu je 0,5 ml

mindestens 1 Monat

6 Monate

 

 

 

1. und 2. Dosis mindestens 1 Monat, 3. Dosis mindestens 4. Monate nach der 2. Dosis

Notwendigkeit ist derzeit nicht bekannt

Bei fortbestehenden Risiko für eine invasive MenB Erkrankung sollte eine Auffrischimpfung in Betracht gezogen werdenb.

               

a   Die erste Dosis sollte im Alter von 2 Monaten (so genanntes „3+1“ Impfschema) oder 3 Monaten („2+1“ Impfschema) verabreicht werden. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Bexsero® (4CMenB) bei Säuglingen im Alter von weniger als 8 Wochen wurde nicht bestimmt.

b   Die Notwendigkeit und der Zeitpunkt für weitere Auffrischimpfungen sind noch nicht festgelegt.

c Für Erwachsene über 50 Jahre liegen für Bexsero® keine Daten vor.

d Zulassung erst ab dem vollendeten 10. Lebensjahr

e Im Fall einer Verzögerung sollte die Auffrischimpfung spätestens im Alter von 24 Monaten verabreicht werden  

Wechselwirkungen mit anderen Standardimpfungen im Kindesalter

Bexsero® (4CMenB). In randomisierten Studien, die 2.627 [33] bzw. 1.885 Kinder [9] einschlossen, konnte gezeigt werden, dass 4CMenB gleichzeitig mit folgenden Impfstoffantigenen, entweder monovalent oder als Kombinationsimpfstoff, verabreicht werden kann: Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hib, Poliomyelitis (inaktiviert), Hepatitis B, heptavalentes Pneumokokkenkonjugat, Masern, Mumps, Röteln und Windpocken. Die Immunantwort auf inaktivierte Polioviren Typ II und Pneumokokkenkonjugat vom Serotyp 6b zeigte sich in den durchgeführten Studien nicht konsistent. Für das Pertussisantigen Pertactin wurden niedrigere Antikörpertiter beobachtet. Das Ausmaß der Veränderungen weist jedoch nicht auf eine signifikante Beeinträchtigung des Impferfolges gegen die jeweiligen Antigene hin. Bei Ko-Administration von 4CMenB und MenACWY-CRM (Menveo®, in Deutschland nicht zugelassen) konnte eine ausreichende Immunogenität und Sicherheit für beide Impfstoffe dokumentiert werden [12].

Trumenba® (MenB-fHbp). Bei gleichzeitiger Applikation des MenB-fHbp mit anderen Impfstoffantigenen als Einzel- oder Kombinationsimpfstoffe konnte für Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis (inaktiviert) [35], HPV quadrivalent [24] und Meningokokken ACWY [17] eine ausreichende Immunantwort und Verträglichkeit für die jeweiligen Komponenten nachgewiesen werden.

Nebenwirkungen

Die folgende tabellarische Übersicht der bei der Anwendung von 4CMenB und MenB-fHbp beobachteten möglichen Nebenwirkungen zeigt, dass eine ganze Reihe von Symptomen sehr häufig, das heißt in über 10 % der Anwendungen, auftritt. Im Vordergrund steht dabei Fieber.

Bei alleiniger Anwendung von 4CMenB berichten Gossger et al. [9] von einer Häufigkeit für das Auftreten von Fieber in 26 – 41 % der Fälle, verglichen mit 23 – 36 %, wenn Standardimpfungen im Säuglingsalter alleine appliziert wurden. Wurde 4CMenB zusammen mit anderen Standardimpfstoffen gegeben, stieg die Fieberrate auf 51 – 61 %, mehr Säuglinge hatten Fieber ≥ 39 °C und einige sogar ≥40 °C. Vesikari et al. [33] beobachteten sogar in 77 % ihrer Probanden eine Temperatur über 38,5 °C bei gleichzeitiger Anwendung von Bexsero® (4CMenB) mit einer Standardimpfung. Bei gleichzeitiger Impfung gegen MMRV im zweiten Lebensjahr trat keine verstärkte Impfreaktion auf. Im Zuge dessen erhöhte sich auch die Anzahl der Vorstellungen in pädiatrischen Notfallambulanzen [11, 18]. Entsprechend der Erfahrungen im UK erreichte dieses Fieber seine Spitze in der Regel nach 6 Stunden und legte sich in den allermeisten Fällen nach 24-48 Stunden. Es konnte gezeigt werden, dass die Gabe von Paracetamol das Auftreten von Fieber signifikant reduzieren kann. Entsprechend wird in England die Gabe von 3 Dosen Paracetamol (zum Zeitpunkt der Impfung sowie zwei weitere Gaben im Abstand von jeweils 4-6 Stunden) für diejenigen Kinder empfohlen, die MenB zusammen mit den Standardimpfungen im Alter von 2 und 4 Monaten erhalten [11].

Bei alleiniger Anwendung von MenB-fHbp bei 3596 Kindern und Jugendlichen ab dem vollendeten 10. Lebensjahr und 3304 jungen Erwachsenen zeigten sich im Vergleich zur Injektion eines Hepatitis A Impfstoffes deutlich häufiger Lokalreaktionen insbesondere Schmerzen an der Injektionsstelle. Wie bei 4CMenB wurden unter anderen sehr häufig Kopfschmerzen und Muskelschmerzen beobachtet [19]. Bei Koadministration mit anderen Impfstoffen zeigte sich eine vergleichbare Häufigkeit von Nebenwirkungen [25].  

Tabelle 3: Tabellarische Übersicht der „Nebenwirkungen“1 von Bexsero® (4CMenB) und Trumenba® (MenB-fHbp)

 

Säuglinge und Kinder (bis 10 Jahre)a

 

Erkrankungen des Nervensystems

Sehr häufig: Schläfrigkeit, ungewöhnliches Schreien/Weinen

Gelegentlich: Krampfanfälle (auch Fieber-krämpfe)

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Sehr häufig: Diarrhö, Erbrechen (gelegentlich nach Auffrischimpfung)

Gefäßerkrankungen

Gelegentlich: Blässe (selten nach Auffrisch-impfung)

Selten: Kawasaki-Syndrom

Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen

Sehr häufig: Essstörungen

 

Erkrankungen der Haut und des Unterhaut-gewebes

Sehr häufig: Hautausschlag (gelegentlich nach Auffrischimpfung)

Gelegentlich: Ekzeme, Urtikaria

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

Sehr häufig: Fieber (≥38°C), Druck-schmerz an der Injektionsstelle (auch erheblicher Druckschmerz an der Injektionsstelle definiert als Schreien/Weinen, wenn die geimpfte Extremität bewegt wird), Erytheme an der Injektionsstelle, Schwellung an der Injektionsstelle, Verhärtung an der Injektionsstelle, Reizbarkeit.

Gelegentlich: Fieber (≥40°C)

 


 

Jugendliche (ab 11 Jahre) und Erwachseneb

 

Erkrankungen des Nervensystems

Sehr häufig: Kopfschmerzen

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Sehr häufig: Übelkeit

Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen

Sehr häufig: Myalgie, Arthralgie

 

Allgemeine Erkrankungen und Beschwer-den am Verabreichungsort

Sehr häufig: Schüttelfrostc, Müdigkeitc, Schmerz an der Injektionsstelle (auch erheblicher Schmerz an der Injektionsstelle, definiert als Unvermögen, alltägliche Verrichtungen auszuüben), Schwellung an der Injektionsstelle, Verhärtung an der Injektionsstelle, Erytheme an der Injektionsstelle, Unwohlsein.

Häufig: Fieber (≥ 38 °C)c

 

1Angaben aus den Fachinformationen von Bexsero® (4CMenB) und  Trumenba® (MenB-FHbp)

aAngaben gelten nur für Bexsero® (4CMenB)

bAngaben gelten für Bexsero® (4CMenB) und Trumenba® (MenB-FHbp)

cAngaben gelten laut Produktinformation für Trumenba® (MenB-FHbp)

Immunogenität und Schutzwirkung

Bexsero® (4CMenB). Wegen der relativ geringen Häufigkeit invasiver MenB-Infektionen kann die Effektivität der Vakzine nicht in Zulassungsstudien untersucht werden. Es ist deshalb notwendig, In-vitro-Testsysteme als Surrogatparameter einzusetzen. Dabei bereitet die hohe genetische Varianz der Meningokokkenstämme ein zusätzliches Problem. Als Testsystem hat sich das Meningococcal Antigen Typing System (MATS) für 4CMenB bewährt. Es handelt sich um einen, auch für einen hohen Probendurchsatz geeigneten, Bakterizidietest. Die in definierten geographischen Regionen gesammelten Meningokokkenstämme, die eine invasive Infektion verursacht haben, wurden im MATS untersucht. So konnten Vogel et al. [36] zeigen, dass 78 % von 1052 in Europa gesammelten MenB-Stämmen durch Postvakzinationsseren abgetötet würden (95 % Referenzbereich: 63 – 90 %). Frosi et al. [8] untersuchten MenB-Stämme aus England und Wales, die in den Jahren 2007 bis 2008 gesammelt worden waren, im MATS. Der Test zeigte eine Stammabdeckung durch den Impfstoff von 70 %. Im Bakterizidietest mit humanem Komplement (hSBA) wurde eine Abtötungsrate von 88 % ermittelt. Die Autoren folgern daraus, dass Resultate im MATS eine eher konservative Abschätzung der Stammabdeckung durch 4CMenB vermitteln.

In klinischen randomisierten Studien wurde zur Beurteilung der Immunogenität der Vakzine der hSBA-Test eingesetzt. Die wesentliche Limitation bei der Beurteilung bezüglich möglicher klinischer Wirksamkeit der Vakzine besteht darin, dass bei dem in-vitro-Test lediglich die Bakterizidie gegen MenB-Stämme getestet wurde, deren Antigene in der Vakzine enthalten sind. So konnten Gossger et al. [9] zeigen, dass nach drei Impfungen mit 4CMenB im Alter von 2, 4 und 6 Monaten mehr als 99 % der geimpften Kinder hSBA-Titer von 1 : 5 oder mehr gegen die Stämme 44/76-SL und 5/99 entwickelten. Gegen den Stamm NZ98/254 wurde eine Erfolgsrate von 79 % berichtet (bei Impfung parallel zu den Routineimpfungen des Säuglingsalters).

In Chile wurde eine umfangreiche Studie an Jugendlichen im Alter von 11 – 17 Jahren durchgeführt [23]. 1.631 Jugendliche im mittleren Alter von 13,8 Jahren erhielten mindestens eine Dosis 4CMenB. Nach zwei oder drei Dosen hatten 99 – 100 % der Impflinge einen hSBA-Titer von 1: 4 oder mehr. Sechs Monate nach der Impfung waren bei 91 – 100 % der Teilnehmer, die zwei oder drei Dosen erhalten hatten, noch Impftiter von 1: 4 oder größer nachweisbar. Die Studie zeigte, dass bei Jugendlichen zwei Dosen im Abstand von ein bis sechs Monaten ausreichend sind, um effektive Antikörpertiter zu generieren.

Inzwischen liegen auch erste Daten über die Antikörperpersistenz nach Impfung vor. Snape et al. [27] konnten an einer, allerdings sehr kleinen, Gruppe von 60 Kindern zeigen, dass es bereits zwei Jahre nach der Immunisierung zu einem signifikanten Titerabfall gekommen war. Jedoch wurde nach einer Booster-Impfung erneut ein signifikanter Titeranstieg beobachtet. Die gleiche Arbeitsgruppe untersuchte die spezifischen Titer 40 bis 44 Monate nach vier Immunisierungen mit 4CMenB im Alter von 2, 4, 6 und 12 Monaten [26]. Vor der in diesem Alter geplanten erneuten Boosterung hatten 41 bis 75 % der 17 Teilnehmer hSBA-Titer von 1: 4 oder größer gegen vier Referenzstämme.

Martinón-Torres et al. untersuchten die Antikörper Persistenz und die Antwort auf einen Booster in Kindern, die entweder nach dem verkürzten 2 + 1 oder nach dem ursprünglichen 3 + 1 Schema eine Immunisierung mit der 4CMenB-Impfung erhalten hatten [15]. Auch in dieser Studie wurden hSBA-Titer bestimmt. Hierbei konnte gezeigt werden, dass sich die Antikörper Persistenz sowie Booster-Antwort nicht wesentlich zwischen den beiden Impf-Schemata unterschied. Wie schon von Snape et al. beschrieben, zeigte sich auch hier 24-36 Monate nach der letzten Impfdosis ein Rückgang des Anteils an Kindern, die einen hSBA-Titer  ≥ 1:4 aufwiesen in allen Gruppen. Iro et al. untersuchten darüberhinaus die Antikörper Persistenz im Alter von 4 Jahren bei Kindern, die zu einem jeweils unterschiedlichen  Zeitpunkt (12, 18 oder 24 nach Grundimmunisierung, GI) einen Booster erhalten hatten (3 + 1), sowie den Effekt eines weiteren Boosters im Alter von 4 Jahren [28]. Sie konnten zeigen, dass, unabhängig vom Zeitpunkt eines Boosters im Kleinkindalter, ein signifikanter Titerabfall im Alter von 4 Jahren beobachtet werden kann. Dies scheint darauf hinzudeutet, dass das Alter, in dem die GI und der Booster appliziert werden, keinen Einfluss auf die Antikörper Persistenz hat. Ein weiterer Booster (5. Impfdosis) im Alter von 4 Jahren führte bereits 1 Monat nach Gabe zu einer robusten Immunantwort, die auf die Ausbildung einer immunologischen Gedächtnisses in Kindern hinweist, die in den ersten beiden Lebensjahren nach 3 + 1 Schema immunisiert worden waren.

Die Immunogenität der 4CMenB Impfung wurde auch bei Patienten (2-17 Jahre alt) mit Komplement-Defekten (n=40) sowie Asplenie bzw. funktioneller Asplenie (n=112), die ein besonderes Risiko für die Erkrankung an einer invasiven Meningokokkeninfektion aufweisen, im Vergleich zu gesunden Kontrollpatienten untersucht. Die Immunogenität wurde mittels des oben erwähnten Bakterizidietestes evaluiert. Die Arbeiten konnten zeigen, dass Patienten mit Asplenie bzw. funktioneller Asplenie eine vergleichbare Antwort mit bakteriziden Antikörpern aufwiesen wie gesunde Kinder und Jugendliche. Hingegen zeigten Patienten mit angeborenem terminalen Komplementdefekt (C5, C6, C7 oder C8) keine suffiziente Antwort ohne exogene Komplementsubstitution. Gleiches galt für Patienten, die Eculizumab erhielten (n=9). Daraus leitet sich die Empfehlung ab, dass bei diesen Patienten zusätzlich zur Impfung weiterhin eine antibiotische Prophylaxe empfohlen wird [14, 21].

Zwischen 2009 und 2015 wurden 7 Ausbrüche von invasiven Meningokokken-Infektionen durch die Serogruppe B an amerikanischen Universitäten beobachtet [4].

Die 4CMenB-Impfung wurde bereits 2013 – obwohl noch nicht zugelassen – während eines Meningokokken B-Ausbruchs (9 Fälle, 1 Todesfall) nahezu 6.000 Studenten mit 2 Dosen verabreicht. Bei 499 Studenten wurden Immunogenitätsdaten erhoben. 10 Wochen nach der 2. Impfung wiesen 66,1 % der Studenten Antikörper gegen den Ausbruch-Stamm auf. Kein geimpfter Student erkrankte im weiteren Verlauf an einer invasiven Meningokokken-Infektion [4].

In der Saguenay-Lac-Saint-Jean Region in Quebec (Kanada) wurde wegen einer lokal deutlich höheren Inzidenz die 4CMenB-Impfung bei Individuen zwischen 2 Monaten und 20 Jahren eingesetzt. Nach der Kampagne erkrankten lediglich 2 ungeimpfte Personen [3].

Im März 2016 wurden in Frankreich in einer kleinen Region nördlich von Lyon 4 invasive Meningokokken-Infektionen innerhalb von 3 Wochen beobachtet. Der identifizierte Meningokokken-Stamm ST-32 (klonaler Komplex) war prinzipiell durch 4CMenB erfasst. Die 4CMenB-Impfung wurde allen Menschen zwischen dem 2. Lebensmonat und 24 Jahren angeboten (2 Dosen). Die Impfquote betrug 47 % für die erste Dosis und 40 % für die 2. Dosis. Weitere Meningokokken-Fälle innerhalb der Ausbruchsregion traten nicht mehr auf. Außerhalb der Ausbruchsregion war ein 5. Fall zu beklagen [32]. Ausbruchsanalysen in den USA konnten zeigen, das Seren von Geimpften bakterizid auf Ausbruchsstämme einwirken [22], ein lang-anhaltender Effekt auf die Trägerrate konnte jedoch nicht belegt werden [16]. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich 4CMenB im Rahmen eines Ausbruchsmanagements bewährt hat. Die klinische Wirksamkeit und der Einfluss auf die Trägerrate sind mit den limitierten Daten jedoch nicht klar zu belegen.

Innerhalb von 10 Monaten nach Einführung der Impfung im Vereinigten Königreich (September 2015) konnte in der Zielgruppe von Kindern eine Effektivität von 83 % gegenüber allen MenB Fällen im Vereinigten Königreich gezeigt werden. Dies entspricht einer Effektivität von 94 % in Bezug auf die vorausgesagten 88 % impfpräventabler MenB Stämme. Darüber hinaus wurde eine Reduktion von 50% in der Ziel Gruppe von Kindern unter 12 Monaten erreicht. Dieser Trend konnte auch entsprechend in der Kohorte einjähriger Kinder gezeigt werden, die im Mai 2016 eine Booster-Impfung erhalten konnten [7, 20].

Trumenba® (MenB-FHbp). Für MenB-fHbp liegen keine klinischen Daten zur Effektivität der Vakzine vor. Auch die bivalente Vakzine wurde im Rahmen von Ausbrüchen an Universitäten in den USA sowie in Frankreich eingesetzt [6, 10, 29, 30, 31]. Durchbruchsinfektionen bei Geimpften wurden nicht beobachtet. Es wurden Immunogenitäts- und Sicherheitsdaten erhoben. Die bivalente Impfung führt ebenso wie 4CMenB zu bakteriziden Antikörpern gegen einige, jedoch nicht gegen alle Ausbruchstämme und wird gut vertragen.

In klinischen randomisierten Studien wurde wie bei 4CMenB die Immunogenität der Vakzine mittels hSBA-Test für das 2- und 3-Dosis Impfschema bei Jugendlichen im Alter von 10 und 18 Jahren untersucht [17, 19, 24, 34, 35]. Für die Induktion bakterizider Antikörper ist der Grad der fHbp-Expression auf den jeweiligen Meningokokken-B-Stämmen wichtiger als der Grad der Übereinstimmung mit den fHbp-Impfantigenen. Misst man die hSBA-Titer in Seren geimpfter Jugendlicher und Erwachsener gegen die am häufigsten in Europa vorkommenden fHbp-Varianten, so findet man je nach Meningokokken-B-Stamm Werte von ≥ 1:8 bei 24 – 100 %; für die meisten Stämme beträgt der Anteil (und somit der Abdeckungsgrad) 70 % und mehr [1].

In einer Studie durchgeführt in Kanada, den USA und Europa bei 10- 18 jährigen Jugendlichen und bei 18- 25- jährigen Erwachsenen lagen die Serokonversionsraten für beide Gruppen, definiert als 4-fachen Anstieg des hSBA Titers gegen 4 verschiedene Test Stämme (fHBP- Varianten: A22, A56, B24, B44) 1 Monat nach der 3. Impfdosis im Vergleich zu Hepatitis A Vakzine oder Placebo zwischen 79 und 90 % [19, 25]. Eine weitere Studie in Europa bei 11-18-jährigen Jugendlichen durchgeführt, zeigte je nach Test- Stamm Serokonversionsraten (hSBA Titer ≥ 1:8) zwischen 86 und 100 % [34]. Dabei lagen in dieser Studie die Serokonversionsraten geringfügig niedriger bei Verwendung des 2- Dosen Impfschemas (weniger bei Anwendung eines 6- Monat Intervalls als bei einem Abstand von 2 oder 4 Monaten) im Vergleich zum 3 Dosis Impfschema. Diese Ergebnisse haben auch Eingang in die Zulassung des Impfstoffs gefunden (siehe Tabelle 1).

Daten zur Antikörperpersistenz liegen für MenB-fHbp für den Zeitraum von 48 Monaten nach Impfung mit dem 3- Dosis Schema für 10- 18- jährige Kinder vor [13]. Es zeigten sich protektive hSBA Titer (≥ 1:4) bei über 50% der Jugendlichen für 3 der 4 Test Stämme (A22, A56, B24). Für Test Stamm B44 hatten nur 20% der Probanden protektive Antikörper 48 Monate nach Impfung. Bei Gabe einer Booster Dosis 48 Monate nach Grundimmunisierung mit einem 2 oder 3-Dosis Schemas erreichten 1 Monat nach Injektion zwischen 92 und 98% der Studienteilnehmer protektive hSBA Titer [34].

Zusammenfassung

Auch nach der Zulassung eines zweiten MenB Impfstoffes (Trumenba®, MenB-FHbp) neben Bexsero® (4CMenB) lassen die vorliegenden Daten noch eine Reihe von Fragen unbeantwortet. Ein wesentliches Problem liegt darin, dass die Protektion vor MenB-Erkrankungen nicht durch die Bestimmung von In-vitro-Parametern zuverlässig vorhergesagt werden kann.

  • Aufgrund der hohen genetischen Variabilität der MenB-Stämme ist heute von einer Erfassung und damit einer möglichen Protektion vor invasiver Infektion in etwa 70-80 % der Stämme in Deutschland für beide Impfstoffe auszugehen.
  • Die Immunogenität der Impfung wurde sowohl für junge Säuglinge, Kleinkinder (Bexsero®) als auch für Jugendliche und Erwachsene (Bexsero®, Trumenba®) gezeigt. Unklar bleibt zum heutigen Zeitpunkt jedoch, ob und wann Boosterimmunisierungen notwendig sind.
  • Die Koadministration von 4CMenB und MenB-fHbp mit den meisten allgemein empfohlenen Impfungen (Ausnahme: orale Rotavirus-Impfstoffe bei 4CMenB) ist evaluiert und führt zu ausreichenden Titeranstiegen. Es kommt jedoch zu einer deutlich höheren und häufigeren Fieberreaktion in bis zu 80 % der Impflinge im Alter von bis zu 10 Jahren sowie dem vermehrten Auftreten anderer möglicher Nebenwirkungen.
  • Es fehlen aussagekräftige Daten zur Schutzdauer und den Einfluss der Impfung auf die Trägerrate von MenB bei gesunden Personen und damit zur möglichen Herdenprotektion.

 Stellungnahme der Kommission 

Die dargelegten Daten zeigen, dass nun mit 4CMenB und MenB-fHbp zwei effektive Impfstoffe zur Prophylaxe invasiver MenB-Erkrankungen zur Verfügung stehen. Unterschiede bestehen in der Zulassung. Während Bexsero® (4CMenB) für Säuglinge ab dem vollendeten 2. Lebensmonat zugelassen ist, hat Trumenba® (MenB-fHbp) derzeit eine Zulassung ab dem vollendeten 10. Lebensjahr.

Die Kommission hält daher folgendes Vorgehen für sinnvoll:

  • Kindern ab dem vollendeten 2. Lebensmonat mit bekanntem hohen Risiko für eine invasive Meningokokken-Infektion (z. B. bei Immundefekt, Komplementdefekt oder Asplenie, auch funktionell) ist analog zu der bestehenden STIKO-Empfehlung zur Impfung gegen Serogruppen A, C, W und Y die Impfung mit 4CMenB zu empfehlen. Ab dem Alter von 10 Jahren sollte bei den oben genannten Indikationen mit 4CMenB oder MenB-fHbp immunisiert werden.
  • Solange keine MenB-Standardimpfempfehlung durch die STIKO und eine Aufnahme in die Schutzimpfungsrichtlinie des G-BA vorliegt und damit die Kostenübernahme durch die GKV nicht gesichert ist, kann das strategische Ziel, die Krankheitslast durch invasive Meningokokken-Infektionen der Serogruppe B zu senken, nicht erreicht werden. Deshalb sollte bis dahin unter Berücksichtigung der Zielsetzung eines individuellen Impfschutzes die Impfung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also bereits ab einem Alter von 2 Monaten, durchgeführt werden. Alternativ kann der Impfbeginn mit dem „2+1“-Impfschema im Alter von 3 Monaten erfolgen. Gleichzeitig sollte allen älteren Säuglingen, Kindern und Jugendlichen im Sinne einer Nachholimpfung der MenB-Impfschutz individuell angeboten werden. Zur Erreichung eines Impfschutzes kann die Immunisierung in Abhängigkeit vom Lebensalter zeitgleich oder getrennt mit anderen Impfungen erfolgen (siehe Fachinformation Bexsero®, Trumenba®). Dabei ist zu beachten, ob im jeweiligen Bundesland eine öffentliche Impfempfehlung gegen „Meningokokken“ allgemein oder serogruppenspezifisch vorliegt. In Abhängigkeit davon muss im Aufklärungsgespräch erwähnt werden, ob im Falle eines Impfschadens nach Meningokokken-Gruppe-B Impfung ein Versorgungsanspruch gemäß §60 IfSG besteht oder nicht.

Diese Stellungnahme als PDF-Datei finden Sie hier.

Erklärung zum Interessenkonflikt: keine Interessenkonflikte.

Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V.:

Mitglieder: Dr. med. Ulrich von Both (München), Prof. Dr. med. U. Heininger (Basel, Kommissionssprecher), Dr. med. A. Iseke (Münster), Prof. Dr. med. M. Knuf (Wiesbaden), Prof. Dr. med. G. Ch. Korenke (Oldenburg), Prof. Dr. med. A. Müller (Bonn, federführend), Dr. med. S. Peter (Berlin)

 Korrespondenzadresse:

Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V.
Prof. Dr. med. H.-I. Huppertz, Generalsekretär
Chausseestr. 128/129 – 10115 Berlin –  Tel.: 030.4000588-0 
Fax.: 030.4000588-88 – e-Mail: kontakt@dakj.de – 
Internet: www.dakj.de

 Zusammenfassung / Abstract
Publizierte Daten zeigen, dass mit dem aus 4 Komponenten bestehenden Impfstoff 4CMenB und dem aus 2 Komponenten bestehenden Impfstoff MenB-FHbp zwei effiziente Impfstoffe zur Prophylaxe invasiver MenB-Erkrankungen zur Verfügung stehen. Es ist von einer möglichen Protektion vor invasiver Infektion für etwa 80 % der Fälle in Deutschland auszugehen.

Die Kommission hält folgendes Vorgehen für sinnvoll:

Kinder ab dem Alter von 2 Monaten mit bekanntem erhöhten Risiko für eine invasive Meningokokken-Infektion ist in Ergänzung der STIKO-Empfehlung zur Impfung gegen Serogruppen A, C, W und Y die Impfung mit Bexsero® (4CMenB)  zu empfehlen. Jugendliche ab dem vollendeten 10. Lebensjahr mit erhöhtem Risiko für eine invasive MenB Infektion können mit Bexsero® (4CMenB)  oder Trumenba® (MenB-FHbp) immunisiert werden.

Solange keine MenB- Standardimpfempfehlung durch die STIKO vorliegt, kann das strategische Ziel einer Senkung der Krankheitslast in der Allgemeinbevölkerung nicht erreicht werden. Bis dahin sollte unter Berücksichtigung der Zielsetzung eines individuellen Impfschutzes gegen Meningokokken B-Erkrankungen die Impfung frühestmöglich, also bereits ab einem Alter von 2 Monaten, durchgeführt werden. Gleichzeitig sollte allen älteren Säuglingen, Kindern und Jugendlichen im Sinne einer Nachholimpfung der MenB-Impfschutz individuell angeboten werden. Zum raschen Erreichen eines Impfschutzes kann die Immunisierung in Abhängigkeit vom Lebensalter zeitgleich mit oder getrennt von anderen Impfungen erfolgen. Um das bei der gleichzeitigen Impfung gegen MenB und anderen Routineimpfungen im Alter von 2 und 4 Monaten beschriebene erhöhte Risiko für das Auftreten von Fieber innerhalb von 48h zu reduzieren, kann Paracetamol verabreicht werden.

Published data suggest that the four component vaccine 4CMenB and the two component vaccine MenB-FHbp are effective against invasive MenB disease. The rate of protection against invasive meningococcal B infection in Germany can be expected to be in the range of 80 %.

The Committee for Infectious Diseases and Vaccinations of the German Academy for Pediatrics and Adolescent Health proposes the following approach for use of this vaccine:

For children 2 months of age or older with an increased risk for invasive meningococcal infection, immunization against MenB should be recommended using the 4CMenB vaccine; for adolescents of 10 years or above administration of either the 4CMenB or MenB-FHbp should be recommended in addition to immunization against serogroups A, C, W and Y as per STIKO recommendation.

As long as there is no STIKO recommendation for general Men B vaccination, the strategic aim of reducing the burden of disease in the population cannot be achieved. In the meantime, individual protection against MenB disease should be achieved by aiming to administer the first dose of the vaccine at the age of two months. Concurrently, MenB vaccination should be offered individually to all infants, children and adolescents as a catch up vaccination. Depending on the age of the vaccinee, the MenB vaccine can be co-administered or given separately from other vaccinations. When administering the MenB vaccine jointly with other routine immunization at 2 and 4 months of age, the risk of fever within 48 hours following the jab can be minimized by co-administering paracemtamol.

 

Schlüsselwörter / key words

Impfung, Meningokokken Serogruppe B, Stellungnahme, Impfschutz, invasive Infektion

vaccination meningococci group B, recommendation, immunization protection, invasive infection

 

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