Die kindermedizinischen Fachgesellschaften und Berufsverbände sind sich einig: Kinder und Jugendliche können nur geschützt werden, wenn auch im Gesundheitssystem flächendeckende und nachhaltige Strukturen etabliert werden.
Köln, den 19.05.2022 – Vernachlässigte, misshandelte Kinder und überforderte Eltern; allein 2020 haben die Jugendämter in Deutschland über 60.000 Fälle von Kindeswohlgefährdung festgestellt. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Anzeichen für eine Vernachlässigung lag bei rund 60%. Der Hauptgrund für Inobhutnahmen ist die Überforderung von Eltern. Die Folgen sind häufig gravierende körperliche und seelische Schäden und lebenslange Beeinträchtigungen, insbesondere im Hinblick auf die psychische Gesundheit. Die Folgekosten für die Gesellschaft sind zudem erheblich.
Konsens der Kinder und Jugendliche versorgenden medizinischen Fachgesellschaften und Berufsverbände
Die Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM e.V.) fordert zusammen mit den kindermedizinischen Fachgesellschaften, dass es eine nachhaltige, fachlich standardisierte und flächendeckende Struktur im Gesundheitssystem geben muss. „Kindesmisshandlung und -vernachlässigung ist zwar häufig, wird jedoch zu selten diagnostiziert“, beklagt Dr. Bernd Herrmann, 1. Vorsitzender der DGKiM. Für ihn gehört Kinderschutz deshalb, „… grundsätzlich in den Verantwortungsbereich aller medizinischen Einrichtungen, die Kinder behandeln. Jedes gefährdete Kind, das an irgendeiner Stelle im Gesundheitssystem vorstellig wird, soll als Kinderschutzfall erkannt werden und die jeweils notwendige medizinische Expertise und Hilfe erhalten. Das derzeitige System reicht nicht aus, um dies sicherzustellen.“
Forderungen des Positionspapieres
Ziel ist es, der Politik zu verdeutlichen, welche Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit das Gesundheitssystem Verantwortung übernehmen und seinen Beitrag zum Kinderschutz leisten kann. Wichtige Eckpunkte sind: Es müssen mit Stellenanteilen hinterlegte Kinderschutzgruppen integraler Bestandteil an jeder Klinik sein und es müssen Regelfinanzierungsmodelle für Kinderschutzfälle etabliert werden. Das Positionspapier ist heute online abrufbar und wird der Fachöffentlichkeit am 20. Mai 2022 auf der Jahrestagung der DGKiM offiziell vorgestellt. Alle Beteiligten sind optimistisch, weitere Organisationen, Verbände und Fachgesellschaften für Ihre Unterstützung des Positionspapieres zu gewinnen.
Der neue Bundestag hat jetzt die Chance, den Kinderschutz endlich im Gesundheitssystem dauerhaft zu verankern. Das Positionspapier ist ab dem abrufbar unter https://www.dgkim.de/news/kinderschutz-in-der-medizin-verankern